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Blütenhonig

17:58 Uhr – Wenn man ein bisschen in die österreichische Bierwelt hineinrutscht, landet man recht schnell im Mühlviertel. Das Mühlviertel ist ein Gebiet in Oberösterreich, rund um die Stadt Linz und somit quasi im Dreiländereck mit Deutschland und Tschechien. Komischerweise habe ich während meiner Studienzeit in Passau nie was vom benachbarten Landstrich mitbekommen. Ohne irgendwas über das Mühlviertel zu wissen, weiß ich doch, dass Bier dort eine gewisse Rolle spielt. So kommt der erste Weltmeister der Biersommeliers, Karl Schiffner, von dort und betreibt ein Bier-Hotel. Auch eines der wenigen brauenden Trappistenklöster außerhalb Belgiens, der Stift Engelzell befindet sich hier (oder zumindest ums Eck, ich will mich da bei geographischen Bezeichnungen nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen). Hopfen wird im Mühlviertel auf jeden Fall auch angebaut, und lecker Essen zum Bier bekommt man sicherlich auch. Und dann gibt es eben noch die Brauerei Hofstetten in St. Martin. Die machen zum Beispiel ganz verrückte Sachen mit glühenden Steinen (mehr dazu irgendwann, das Bier steht noch in meinem Keller).

Wie verrückt das Hochland Honigbier ist, werde ich heute herausfinden. Das Etikett erinnert stark an die Öko-Bewegung der 80er-Jahre, es zeigt in mehreren Elementen immer das gleiche Landschaftsbild. Gebraut wird das Kreativbier mit untergäriger Hefe und mit 4% Blütenhonig aus der Region.

Im Glas ist der Honigtrunk extrem klar, von strohgelber Farbe und überraschenderweise gleichzeitig glänzend und doch matt. Die ohnehin schon spärliche Schaumschicht verflüchtigt sich in Windeseile wie ein aufgescheuchtes Honigbienchen. Vielleicht macht das aber Sinn, denn auf der Flasche steht explizit, dass man das Bier ein paar Minuten im Glas atmen lassen soll, damit sich das volle Aroma entfalten kann.

Irgendwann hat es sich dann aber auch ausgeatmet, denn ich sitze ungerne vor einem vollen Bierglas. Ich atme tief durch die Nase ein – und rieche vor allem ein würziges Bieraroma von hellem Getreide und grasigem Hopfen. Eine Süße schwingt da schon mit, aber obwohl ich weiß, dass Honig im Bier ist, kann ich ihn nicht wahrnehmen.

Inzwischen sieht das völlig schaumfreie Getränk wirklich eher wie süßer Honigwein aus. Der erste Schluck überrascht völlig: Ein weiches, moussierendes Mundgefühl wird von viel Süße untermalt. Hier würde ich den Honig jetzt schon unterschreiben, aber nur minimal. Die Bieraromen, die in der Nase noch voll da waren, sind kaum mehr zu finden. Die Süße ist sehr floral und führt mich in eine Blumenwiese in voller Blüte. Ein Hauch von Säure erinnert außerdem an süße Äpfel.

Ohne klebrig zu werden, macht diese zuckrige Süße des Honigs das 6,2 Prozent starke Bier zu etwas ganz besonderem. Ich neige dazu, es eher wie ein richtig wuchtiges Bier oder eine Spirituose in kleinen Schlücken über einen langen Zeitraum zu trinken. Das Honigbier könnte ich mir wirklich gut zu honighaltigen Nachspeisen vorstellen, aber auch zu mit Honig gewürztem Grillfleisch oder zu hellem Fisch.

Im Abgang lässt zwar die Süße etwas nach und macht einer ganz leichten Herbe Platz, der Honiggeschmack ist nun aber am intensivsten. Zurück bleibt ein Nachgeschmack von Honig, Blüten und irgenwie auch von einem guten, sehr milden Obstler (aber ohne Alkoholnote).

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