20:17 Uhr – Wer braucht schon schnöde Lottomillionen, wenn es doch die kleinen Dinge sind, die das Leben besonders schön machen. Wie zum Beispiel mein erstes selbstgebrautes Bier. Über den Entstehungsprozess habe ich an dieser Stelle nicht berichtet, vermutlich, weil ich in meinem tiefsten Inneren nicht so ganz davon überzeug war, dass das Bier trinkbar sein wird. Nun, in aller Kürze vorneweg: Es ist trinkbar.
Angefangen hat alles im Herbst, an einem Tag, an dem man noch in Sommerkleidung draußen sein konnte. Ich habe meiner Mutter bei der Ernte des wilden Hopfens im elterlichen Garten geholfen. Herbstdeko war der Verwendungszweck des widerspenstigen Gewächses. Während der Ernte reifte in mir jedoch die Überlegung, dass man aus Hopfen eigentlich auch was anders machen könnte.
Wie es der Zufall so will, steht bei mir schon seit langem ein – bisher ziemlich enttäuschendes – Büchlein im Regal, das sich hauptsächlich mit dem Thema Likörherstellung beschäftigt. Die Rezepte bewegen sich auf dem Niveau „kaufe einen Haselnussbrand, lege einen Handvoll Haselnüsse rein, gib ein bisschen Zucker dazu, lass das ganze 3 Monate stehen, fertig ist dein Haselnusslikör“. Wow. Einige, bisher von mir wenig beachtete Seiten des Büchleins beschäftigen sich allerdings auch mit der heimischen Herstellung von Bier. Die Idee war auf dem Weg.
Also im Internet Malz (Pale Ale, Weizen hell, Cara dunkel) und Hefe (Safale US-05) besorgt und im großen Kochtopf eine schöne Maische gekocht. Das war ziemlich wild, weil es erstens stark riecht und es zweitens relativ kompliziert ist, eine ganz genaue Temperatur zu erreichen und zu halten. Die entstandene Würze grob gefiltert und mit Hopfen versetzt, später dann auch mit obergäriger Hefe. Wochenlang gärte das Bier dann zuerst in einem Eimer (inklusiver Kalthopfung) und später in Flaschen, erst in der Waschküche, dann im Kühlschrank.
Neben den Auswirkungen der ungenauen Temperatur beim Maischen war natürlich vor allem der Hopfen eine große Unbekannte. Kein Mensch weiß, was das für eine Sorte ist und wie diese schmeckt. Oder ob diese überhaupt zum Bierbrauen zu gebrauchen ist.
Letzten Samstag dann der große Moment. Zuerst habe ich mit meinem Vater das als „APA“ (Adrazhofen Pale Ale) getaufte Bier probiert, abends dann noch mit einigen Freunden. Und ich war mehr als positiv überrascht: Das Gebräu sieht zwar nicht schön aus, schmeckt aber durchaus nach Bier und das noch nicht mal schlecht. So waren die Flaschen ein bis vier zügig verköstigt.
Nun, mit etwas abgekühlter Euphorie und einer Woche Abstand möchte ich das APA unter fairen Bedingungen der gleichen Probe unterziehen, wie alle die anderen Biere.
Optisch ist es nicht sehr schön, zumindest nicht filigran. Das Bier ist dunkel bernsteinfarben bis bräunlich und so trüb, dass absolut kein Licht durchkommt. In der Flasche hat sich viel Hefe (?) abgesetzt, die sich auch in einzelnen hellen Flöckchen im Glas wiederfindet. Die viele Kohlensäure fällt direkt auf, der grobporige, feste Schaum ist leicht ockerfarben, nicht weiß.
Der Geruch ist bitter und nach Hopfen mit leichter, undefinierbarer Frucht. Im Mund ist es erst recht herb, da macht sich der Hopfen stark bemerkbar. Eine leichte fruchtige Süße ist neben einer bemerkbaren Hefenote auch zu bemerken. Eine interessante, außergewöhnliche Mischung. Der Nachgeschmack ist ähnlich, recht herb und auch der Hauch von Frucht taucht wieder auf. Im Mund verbleibt der ungefilterte Geschmack von Hopfen. Je weiter man sich dem Flaschenboden nähert, desto heller, fast schon milchiger wird das APA.
Zu Etikett und Alkoholgehalt kann ich heute leider keine Angaben machen. Hätte es ein Etikett, wäre dies wunderschön. Und Alkohol hat es vermutlich schon, ich weiß nur nicht, wie viel.
Seine eigenen Kinder findet man ja bekanntlich nie hässlich. Durch meine Biervaterbrille sage ich aber, dass mein Erstlingswerk überraschend erfreulich schmeckt. Gut trinkbar, interessant, spannend. Der Adrazhofener Aromahopfen scheint was zu können. Vielleicht ist das Apa kein Bier, von dem man am Abend fünf trinkt, aber zwei Gläser auf jeden Fall. Es ist ein Ansporn, es noch einmal zu versuchen. In Zukunft werde ich sicher mal mit verschiedenen Hopfen experimentieren und die Filtertechnik verfeinern, damit es ein bisschen hübscher wird. Und darauf jetzt noch ein Gläslein Adrazhofen Pale Ale. Die Flasche muss ja leer werden.