18:14 Uhr – Es ist nicht das erste Mal, dass ich ein Bier trinke, das in einer Papiertüte versteckt ist. In manchen Ländern muss man seine Getränke ja so tarnen. Aber bei den Flaschen der Insel-Brauerei Rügen gehört das zur Verpackung, die Papiertüte rund um die Flasche ist quasi ein großflächiges Etikett. So auch beim Insel Herb, laut Etikett ein Seltenes Bier, laut World Beer Award 2016 das beste IPA der Welt. Es wird also was herbes, obergäriges, vielleicht gar fruchtiges in der Tüte sein. Was genau auf das Recycle-Papier gedruckt ist, ist gar nicht so einfach zu erkennen. Ich würde sagen, dass das düstere Bild einen fast blattlosen Baum im starken Wind zeigt, der an der Küste steht. Dahinter zeichnet sich die stürmische Ostsee ab.
Im Glas ist es goldgelb und recht klar, der grobporige, weiße Schaum entwickelt sich rasant. Der Geruch ist nicht allzu intensiv, eher sogar ein bisschen säuerlich oder wie ein Witbier. Ich rieche auch ein bisschen, ganz wenig, Gummibärchen und Marmite. Beim ersten Schluck habe ich eine herbe Breitseite erwartet – ich meine, das Bier heißt Insel Herb – aber weit gefehlt: Absolut mild ist das 5,6 Prozent starke Gebräu. Die leichte Säuere aus der Nase bestätigt sich auf dem Gaumen, fast, also ob ein paar Tropfen Fruchtessig in die Flasche gekommen wären. Dazu gesellen sich dezente Röstaromen, die eher rauchig als karamellig sind. Im Abgang kommt dann endlich ein Hauch von trockener Herbe.
Ein prinzipiell rundes, erfrischendes Bier von der Insel Rügen. Aber irgendeine Nuance schwingt da mit, die mir nicht so richtig passt. Ich hätte mir bei der spektakulären Verpackung mehr ausgerechnet.
Die wichtigste Frage allerdings muss noch gelüftet werden: Was verbirgt sich eigentlich unter dem Papier? Die Antwort ist: Nichts. Gar nichts. Die Tüte ist flächig verklebt und darunter ist nur noch das braune Glas. Da hätte ich mir als Insel-Brauerei ja schon was einfallen lassen. Da guckt doch jeder nach!