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2022er Dampfbier

17:58 Uhr – Die Geschichte des Dampfbieres fasziniert mich schon lange: Weil sich die arme Bevölkerung das bei den Reichen beliebte Weißbier nicht leisten konnte, hat sie sich aus billigerer Gerste, wildem Hopfen und den Heferesten aus dem Weißbier der Oberschicht ihr eigenes Bier gebraut. Weil die obergärige Weizenhefe auch in einem Sud aus Gerstenmalz heftig gärt und dabei viel Schaum entsteht, der fast schon an Dampf erinnert, hat dieser interessante Bierstil seinen Namen bekommen.

Das wollte ich auch mal ausprobieren! Also habe ich beim Hobbybrauerversand das billigste Gerstenmalz geordert und damit sowie mit etwas unvermälzter Gerste, Dolden aus der letztjährigen, eigenen Hopfenernte und den Bodensätzen von je zwei Flaschen Meckatzer Weizen und Schneider Weisse mein eigenes Bier gebraut. Was schnell klar war, man könnte auch sagen: schief gegangen ist, ist, dass die Hefe doch etwas lahm war und nicht allen Zucker zu Alkohol verstoffwechseln konnte. Das für zwischen 5 und 6 Prozent Alkohol vorgesehene Dampfbier hat am Ende wohl nur rund 2,5 Prozent Alkohol – und entsprechend noch viel Restzucker.

Für das Etikett habe ich mich für ein historisches Bild aus einer Brauerei entschieden, wo fleißig in dampfenden Holzkesseln gerührt wird.

Optisch ist das 2022er Dampfbier toll geworden. In mattem, sehr trübem Goldgelb füllt es das Glas, in dünnen Fäden zieht die Kohlensäure nach oben. Die üppige Schaumkrone ist weiß, sehr feinporig, beinahe schnittfest und hält sich ewig. Es wäre ein Weißbier aus dem Bilderbuch, wenn es denn eines wäre.

Aus dem Glas, durch den Schaum hindurch, strömt ein intensiver, schwerer Geruch. Die Weizenhefe ist unverkennlich, sie bringt scharfe Aromen von Nelke mit sich. Eine süßlich-modrige Note erinnert an langsam verfaulendes Herbstlaub. Insgesamt, muss ich zugeben, ist mir der Geruch zu penetrant und miefig, beim inteniven Riechen vergeht eher die Lust aufs Trinken. Aber man muss ja.

Der Antrunk ist weich und süß (und längst nicht so schlimm wie befürchtet). Mit dem dicken, etwas zuckrigen Körper erinnert das Dampfbier zwangsläufig an ein Alkoholfreies. Neben der längst nicht mehr so allesübertönenden Nelke zeigen sich auch süße Trauben und Äpfel, eine fast schon fruchtige Angelegenheit.

Es schmeckt wirklich ganz gut – wenn man beim Trinken möglichst nicht durch die Nase atmet. Der Abgang ist cremig-weich und sogar noch ein bisschen süßer. Im Nachgeschmack kommt die etwas säuerliche Nelke mit trockener Hefe zusammen und somit erinnert das Dampfbier nach dem ersten optischen Eindruck auch beim letzten Eindruck wieder klar an ein Weizenbier.

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