16:47 Uhr – Es muss irgendwann im Spätsommer 2009 gewesen sein. Ich bin zum Studieren nach Spanien gegangen und hatte eine Wohnung in Alcoy gefunden, die ich mir mit zwei Kolumbianern geteilt habe. Sie haben sich anfangs sehr um mich gekümmert und mich gleich am ersten Tag – zusammen mit einigen anderen Kolumbianerinnen und Kolumbianern – mit in den Supermarkt genommen. In der Mercadona, um genau zu sein. Die Idee meiner neuen Mitbewohner war, dass ich mich mit den Produkten des täglichen Bedarfs eindecke. Waschmittel, Salz, Toilettenpapier, Reis. So Dinge.
Ich habe mich in meiner neuen Heimat aber zunächst für das regionale Bier interessiert. Also habe ich mit meinen wenigen Worten Spanisch einen Supermarktmitarbeiter danach gefragt – und er hat mich zu einer Palette mit grünen Bierdosen namens Steinburg geführt. Das sei angeblich das regionale Bier aus Valencia. Ich habe mich über den deutschen Namen gewundert, war aber auch ein bisschen stolz darüber. Und habe im folgenden halben Jahr nebst anderen spanischen Klassikern auch einige Dosen Steinburg getrunken.
Über 10 Jahre später war ich vor zwei Wochen mal wieder in Spanien, aus nostalgischen Gründen bin ich in einen Mercadona gegangen und habe mir eine Dose Steinburg gekauft. Beim genauen Betrachten der Aufschrift war ich dann aber doch etwas verwundert: Das Bier wurde in der Brouwerij Martens im belgischen Bocholt gebraut. Und ich dachte jahrelang, dass das ein Bier aus der Region Valencia wäre!
So einfach ist es aber nicht. Hinter Steinburg steckt die Handelsmarke Font Salem, die zum Großteil der spanischen Brauerei S.A. Damm aus Barcelona gehört, an der wiederum der Dr. Oetker-Konzern große Anteile hält. Font Salem braut an mehreren Standorten in Spanien und Portugal selbst. Und offenbar wird auch mal aus Belgien zugekauft. Das Martens aber nicht nur in fremde spanische Dosen füllt, zeigt ein Blick auf Wikipedia: Auch das Aldi-Bier Karlskrone kommt (zumindest teilweise) von dort.
Die dunkelgrüne Dose mit ihren weißen und goldenen Schriften sieht dann doch, wenn man so darüber nachdenkt, sehr nach Discounter aus. Clásica ist der dominante Begriff, der dieses Cerveza Lager betitelt. Goldene Gerstenähren um eine goldene Hopfendolde dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Das belgisch-spanische Gebräu ist hellgelb und völlig klar, die aufsteigende Kohlensäure ist deutlich sichtbar. Zu loben ist der weiße, grobporige Schaum, der sich erstaunlich lange hält. In die Nase gelangt ein sehr klassischer Biergeruch nach hellem, trockenem Getreide und einer leichten Kräuterwürze.
Der Antrunk ist vielleicht etwas flach und wenig spritzig, geschmacklich aber gar nicht schlecht. Der leichte und leicht süßliche Malzkörper zeigt kurz helles Bort und einen Spritzer Honig, dann übernehmen die herben, grasigen Hopfenaromen. Was für den Antrunk in Sachen Spritzigkeit gilt, verschärft sich leider viel zu schnell: Das 4,8 prozentige Bier wird extrem schnell lack und erhält dadurch eine unangenehme Bittere.
Diese setzt sich auch im Abgang an den Gaumen, mit viel Wohlwollen könnte man noch fruchtige Töne von Apfel oder Birne finden. Der Nachgeschmack ist nicht besonders angenehm, etwas Bittere, etwas Belag.