21:53 Uhr – Im Frühsommer habe ich extra mal einen Abstecher nach Leipzig gemacht, um erstmalige eine Gose zu trinken. Genaugenommen war das Reiseziel natürlich historischer Quatsch, da die Gose ja aus Goslar stammt und dort 1000 Jahre zurückverfolgt werden kann. Heute ist aber tatsächlich eher Leipzig die Hauptstadt dieser gesalzenen Sauerbierspezialität. Einen German Sour Gose Bock namens Bärentöter von der Brauerei Ritterguts Gose erschien mir das richtige Getränk zum Jahresabschluss.
Gebraut ist es, wie für eine Gose typisch, mit Gersten- und Weizenmalz, Hopfen, Kochsalz und Orangenschalen. Als Bonuszutat ist hier noch Zimt in der Flasche. Die Säure kommt durch Milchsäuregärung ins Bier. Dank der Stammwürze von 16,9° Plato und einem Alkoholgehalt von 6,6 Prozent haben wir es hier sogar mit einem Bockbier zu tun. Gebraut wird die Gose übrigens nicht in Leipzig, sondern in Chemnitz, in der Brauerei Reichenbrand. Die hat auch die langhalsige Halbliterflasche mit einem dunkelrot glänzenden Halsetikett aus Aluminium versehen, das das Logo eben dieser Brauerei zeigt.
Das richtige Etikett zeigt auf ebenfalls dunkelrotem Grund in glänzendem Gold einen älteren Herrn in Frack mit Zylinder, der vor einem (vermutlich) kupfernen Maischebottich aus einem hohen, halbgefüllten Bierglas trinkt. Darunter steht groß Bärentöter, der Rest des Etiketts ist interessanterweise auf Englisch beschriftet.
In Ermangelung eine passenden Bierstange greife ich zum Sensorikpokal. In diesem zeigt sich ein dunkles, kastanienbraunes Bier mit deutlichem Rotglanz, bedeckt von einer cremefarbenen, feinen Schaumschicht, die recht schnell zusammenfällt. Extrem auffällig ist die lebhafte, üppig vorhandene Kohlensäure: Man kann sie sogar im Glas hören!
Der Geruch ist nicht besonders intensiv, eine säuerlich-seifige Note gelangt in die Nase. Mit noch mehr Zurückhaltung meint man auch die Orangenschalten riechen zu können, dazu ein Hauch von Vanille.
Im Antrunk zeigt der Bärentöter sofort eine ausgeprägte, zitrusartige Säure. Zusammen mit der vielen Kohlensäure läuft das Bier so zunächst recht spritzig über die Zunge. Dort müssen sich die Sensoren dann erstmal sortieren, um all die Eindrücke wahrnehmen zu können. Viel schwere Frucht ist dabei, Zwetschgen, Mirabellen. Blutorange und dunkle Beeren. Lässt man das Bier etwas länger im Mund, bemerkt man auch, dass es etwas salzig ist, ein sehr interessantes Gefühl. Nach und nach drängen schöne Kräuteraromen an den Gaumen, von denen ich jetzt aber nicht behaupten mag, dass sie von den Koriandersamen kommen.
Im Abgang wird aus der Säure zusammen mit einer leichten Herbe und spannenden malzigen Aromen eine toller, üppiger Dreiklang. Erst jetzt nimmt man die Röstaromen so richtig wahr. Eine tolle neue Komponente, die auch den Nachgeschmack bestimmt: Geröstetes Malz bis hin zu Kaffee.
Mit diesem tollen Bier, das so ganz anders war, als ich es erwartet habe und als alle Gosen, die ich bisher probiert habe, verabschiede ich mich aus dem Jahr 2020 und wünsche euch allen einen guten Rutsch.