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Barkeepers Oyster

19:38 Uhr – Ich glaube, ich habe erst einmal in meinem Leben Austern gegessen. Das war in Spanien, ich glaube in einem Fischlokal in der Hafenstadt Tarragona. Ich erinnere mich hauptsächlich, dass die Schalentiere dort weder teuer noch eklig waren. Aber ein berauschendes kulinarisches Hocherlebnis habe ich auch nicht gespeichert. So weit, so gut. Eine ganz andere Nummer ist natürlich, Austern in Bier zu werfen beziehungsweise Austern als Brauzutat zu nutzen.

Was wie ein irres Experiment aus der Craft-Beer-Szene klingt, ist in Wirklichkeit ein traditionaller englischer Bierstil: Das Oyster Stout. Die ursprüngliche Idee, Austern zu dunklem Bier zu genießen, wurde irgendwann in den 1930er-Jahren dahingehend entwickelt, die Austern in Form eines Sudes direkt ins Bier zu bringen. Im Zuge der Craft-Beer-Bewegung erhält dieser spezielle Bierstil jetzt auch wieder ein bisschen Auftrieb, aber ich denke mal, dass das immer noch die Nische der Nische ist. Vorsicht ist auch geboten, da einige Brauer ihr Bier Oyster Stout nennen, obwohl gar keine Austern drin sind.

Das Fläschchen Porterhouse Oyster Stout, das jetzt vor mir steht, hat Austern auf der Zutatenliste stehen – und ist entsprechend für Vegetarier nicht geeignet. Die Brauerei sitzt in Dublin und wurde 1996 gegründet. Auf dem schwarzen Etikett steht unter dem weißen Brauereilogo das Wort Oyster auf hellgoldenem Grund, darunter ist eine Auster mit schwarzer Perle abgebildet. Auffallend, weil inzwischen selten, ist der Kronkorken mit Ring zum abziehen.

Das irische Stout ist sehr, sehr dunkelbraun, kurz vor Schwarz. Schon beim Einschenken fällt auf, dass es beinahe ölig ins Glas fließt und kaum Kohlensäure vorhanden zu sein scheint. Die minimale Schaumschicht verflüchtigt sich in Sekundenschnelle, ein sehr britischer Anblick.

In der Nase dominieren die herben Röstaromen von kaltem Kaffee, auch etwas Lakritze kann ich erkennen. Es ist an dieser Stelle ja sicher eine gute Nachricht, dass das Oyster Stout nicht fischelt.

Der Antrunk ist wirklich etwas mineralisch, das allererste Mundgefühl erinnert mich total an Mineralwasser. Sogar Kohlensäure kann man deutlich wahrnehmen. Ob das von den Austernschalen kommt? Mit 4,6 Prozent Alkohol ist das Bier natürlich für ein Gebräu seiner Farbe auch recht leicht. Solange das Bier im Mund ist, mag man wirklich kaum glauben, dass es ein Stout ist. Leichte Kräuteraromen, etwas Hopfenherbe, aber sonst ein spritziges, leichtes, eben mineralisches, Getränk.

Erst im Abgang schlagen die Röstaromen zu. Zwar immer noch mild, aber jetzt mit einem klaren Kaffeegeschmack. Richtig deutlich wird es vor allem im Nachgeschmack, jetzt zeigen sich kalter Kaffee, etwas dunkle Schokolade und würzige Hopfenaromen. Seitlich an den Backen wird es trocken, auf der Zunge läuft aber das Wasser zusammen.

Ein scheinbar dekadentes, verrücktes Getränk, das man mal probiert haben muss. Es geht mir allerdings, wie mit meiner Erfahrung mit den Austern selbst: Ist ganz ordentlich, der Mineraliengeschmack ist auch interessant, aber so richtig zum Ausflippen ist es jetzt nicht.

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