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Viele Fehler

22:15 Uhr – Schwierig, ganz schwierig. Ich bin in Political Correctness überhaupt nicht sattelfest, finde dass Politik beim Bier nicht so furchtbar viel verloren hat und unser aller Lieblingsgetränk auf gar keinen Fall bierernst sein soll. Aber beim Reeper B. Baltic Porter sehe ich im Dosendesign dann doch die ein oder andere Grenze hin zum Rassismus überschritten. Zu sehen ist eine dunkelhaarige Schönheit mit geknotetem Tuch in den Haaren, großen runden Ohrringen, rot geschminkten Lippen, großer und nur durch wenig gelben Stoff verhüllter Oberweite, lasziv und bauchfrei dem Betrachter entgegenschmachtend. Hier ist das – an der Stelle nutze ich das Wort ganz bewusst – Zigeunerklischee schon mehr als zur Genüge bedient. Dass das Bier dann noch als „rassig“, „kastanienfarben“, „verlockend“, „fackelt nicht lange“ und „knistert bei jedem Schluck“ beschrieben wird, immer mit Wink hin zu „unseren Reeperbahn Girls“ – das geht gar nicht. Umso wilder, dass dieses Bier auch noch von Aldi Süd vertrieben wird.

Ich habe mich entschieden, das Bier trotzdem zu trinken und dem Inhalt eine Chance zu geben. Und dann wird es schon wieder schwierig: Das Bier ist klar, hat extrem viel Kohlensäure und einen ganz schönen, leicht cremefarbenen Schaum. Aber es ist überhaupt nicht schwarz, wie ein Porter es sein sollte. Noch nicht mal dunkel. Ein kräftiges Rostrot bis Kupfer, ja, aber selbst kastanienfarben ist hier meilenweit weg. Generell sieht es mit seinem feinen Glanz ja gar nicht schlecht aus, aber halt wie ein Märzen und nicht wie ein Porter.

Der Geruch ist malzig schwer mit einiger Süße von überreifem, gelbem Apfel. Dazu der Duft von lockerer, feuchter Erde und eine leichte Nussigkeit. Im Antrunk des mit 4,9 Prozent Alkohol recht leichten Porters kommen dann tatsächlich noch die Röstaromen raus, die in ein solches Bier reingehören. Wirklich dominant ist aber der Geschmack von Lakritze, von dem dieses Baltic Porter ganz besonders viel hat. Im Mund fühlt es sich leicht an, viel Kohlensäure, sehr trocken und etwas holzig. Ganz spannend finde ich den Hauch von Anis, der da durch das Bier schwimmt.

Der an sich ganz angenehme, leicht röstige, leicht nussige Malzkörper wird von einer zwar wenig starken, aber irgendwie beißenden Herbe durchbrochen. Ich weiß nicht wirklich, woher das kommt. Vielleicht von einer sehr komischen Hopfensorte, vielleicht von verarbeiteten Hopfenprodukten. Irgendwie schmeckt das etwas künstlich und unangenehm. Im Abgang ist außer dieser Herbe nicht viel auszumachen, sie dominiert neben ein paar Röstaromen auch den Nachgeschmack. Nach einiger Zeit kommt zu diesen schweren Tönen noch etwas abgestandenes Menthol in den Mund.

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