17:21 Uhr – Eineinhalb Jahre Reifezeit habe ich meiner Berliner Weisse mit Hibiskusblüten gegönnt. Gebraut im April 2021 ist sie jetzt für die ersten Verkostungen bereit. Von der ursprünglichen Idee, ein Pale Ale mit Hibiskusblüten und Limetten zu brauen, bin ich irgendwann abgebogen und habe entschieden, es noch etwas exotischer zu machen und ein Sauerbier zu brauen: Eine Berliner Weiße. Gebraut aus Weizenmalz und hellem Gerstenmalz, mit sehr wenig Hopfen der Sorte Citra für die Zitrusnote. Neben obergäriger Hefe mit Milchsäurebaktieren und Brettanomyces Hefe. Und natürlich mit einer ordentlichen Menge aus Mexiko importierter, getrockneter Hibiskusblüten.
Genannt habe ich das Bier Mauerblümchen. Einer Verbindung aus Berlin mit seiner Mauer und dem Hibiskus mit seinen Blümchen. Auch das Etikett sollte eine Kombination aus Berliner Mauer und Blümchen werden, also habe ich mich für ein Hibiskus-Graffiti entschieden.
Beim Einschenken legt sich kurz ein hörbar zischender, sehr feiner weißer Schaum auf die Berliner Weisse. Aber schon nach wenigen Sekunden ist er wieder fast komplett verschwunden und gibt den Blick frei auf ein klares, dunkelroséfarbenes bis rostrotes, glänzendes Bier. Es erinnert farblich an gefährliche Wein-Sekt-Mischungen aus Großmutters Zeit – oder eben auch an Aperol Spritz. Zaghaft ist die Kohlensäure in einzelnen Bläschen zu erkennen.
Der fruchtig-säuerliche Geruch erzählt von Pfirsich, leichter Grapefruit, etwas kaltem Hibiskustee – und dem Kenner mit seinen leicht animalischen Aromen auch von Brettanomyces Hefe. Wir sind hier sicher geruchstechnisch etwas (deutlich) näher an Weißwein denn an Weizenbier.
Der erste Schluck des 3,5 Prozent leichten Bieres ist erfreulich spritzig und erfrischend. Mit wenige Säure und deutlicher Frucht erinnert das Mauerblümchen an verdünnten Traubenmost. Nuancen von Pfirsich und die ganz leichte Herbe von ZItrusfrüchten runden den Geschmack hab – und ich muss sagen, dass ich damit sehr glücklich bin.
Die Hibiskusblüten sind eher schwierig zu erkennen. Sie spielen maximal eine ganz kleine Nebenrolle. Zunächst. Sofort nach dem erfrischenden Abgang – unreifer Pfirsich, grüner Apfel, Limette – zeigt sich nämlich der Hibiskus doch. Weniger mit seinem Geschmack, vielmehr aber mit seiner Eigenschaft, den Mund gehörig trocken zu legen. Es beginnt hinten am Gaumen, schnell werden auch die Backeninnenseiten und die Zunge sehr trocken. Zeit für den nächsten Schluck, aber erst noch ein paar Gedanken zum Nachgeschmack: Eine leichte Kräuterherbe kommt zu den nun nicht mehr säuerlichen Fruchtaromen, dazu ein dezenter Getreidefilm.