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Ehrlicher Farbfehler

20:54 Uhr – Als ich vor einigen Wochen in der kleinen Brauerei von Markus Klier in Ettensberg stand, hat dieser mir zunächst seine verschiedenen Weizenbiere und sein Kellerbier vorgestellt. Richtig hellhörig wurde ich beim Ehrlichen Schwarzsud. Ein dunkles Bier also, habe ich spekuliert. Nein, nein, hat der Allgäuer Brauer gemeint. Das Schwarz im Namen bezieht sich auf die Farbe der Kiste, das Bier sei nicht dunkel. Eine ganz schön falsche Fährte gelegt, würde ich mal sagen.

Die Halbliter-Bügelflasche sieht richtig nach Heimbrauer aus, denn sie hat kein Etikett. Lediglich oben im Bügel steckt ein kleines Zettelchen mit den wichtigsten Infos drin. Ersichtlich, was einen in der Flasche erwartet, wird daraus aber nicht. Darum habe ich mich aufklären lassen – und jetzt wirds spannend: Der ehrliche Schwarzsud ist mit den Aromahopfen Cascade und Mandarina Bavaria gebraut, mit Weinhefe vergoren und wurde unglaublich lange auf der Hefe gelagert (ich meine mich an 18 Wochen zu erinnern). Das ist für eine scheinbar arg bodenständige und konservative Brauerei aus einem Allgäuer Dorf doch ganz schon crazy.

Im Glas ist der Ehrliche Schwarzsud dann tatsächlich nicht schwarz, so gar nicht schwarz, sondern nimmt eine schönes Kupferrot an. Dabei ist das Bier glänzend klar und von einer halb groben, halb feinen, leicht cremefarbenen Schaumkrone überdeckt.

Der Geruch ist süßlich und mild, blumige Aromen und leichte Zitrusfrucht kitzeln in der Nase. Die Süße erinnert nicht besonders an Bier, vielmehr meint man hier an einem Süßwein oder Cider zu riechen. Richtig vielversprechend.

Der Antrunk bleibt fruchtig süß mit dem klaren Geschmack nach leicht säuerlichen Äpfeln. Der Körper ist vollmundig und von einer spürbaren Alkoholnote geprägt (7 Prozent!). Auffällig ist die viele Kohlensäure, die dem ganzen beinahe den Charakter von moussierendem Apfelschaumwein verleiht. Nach und nach kommen Eindrucke von getrockneten Pflaumen, Mandarinen, Rosinen und etwas Marzipan und Zimt am Gaumen an. Auch das erinnert mich in Kombination wieder an Apfel, nämlich an weihnachtlichen Bratapfel. Trotz dieser winterlichen Assoziation ist das kein Bier für die Ofenbank. Es ist eben auch sehr spritzig und fruchtig und ich kann es mir an einem schönen Sommermittag herrlich am Pool vorstellen.

Ich kann mein Glück kaum fassen, dass dieses Klier Bier in einer Halbliterflasche verkauft wird. Das heißt nämlich, dass ich noch ein zweites Glas von diesem sensationellen Gebräu trinken kann. Mit steigender Temperatur entwickelt der Schwarzsud Aromen von Birne, was ja nahe beim Apfel liegt, aber auch von milden Bergkräutern. Wahrhaftig wird der Apfel immer mehr zu Birne. Ich will gar nicht austrinken, wer weiß, was als nächstes kommt.

Dieses Bier einzuordnen ist nicht einfach. Und das Etikett hilft wie gesagt wenig. Wahrscheinlich kann man es aufgrund der Weinhefe noch nicht mal ganz rudimentär in ober- oder untergärig einordnen. Eigentlich ist das ja auch egal, aber den Ordnungsfuchs in mir macht das wahnsinnig. Geschmacklich geht es am ehesten in Richtung eines belgischen Tripels. Aber ich habe eben keine Ahnung, ob die Brauweise auch nur ansatzweise was damit zu tun hat.

Kommen wir zum traurigen Ende. Dem Abgang. Der ist weich und doch voll im Geschmack. Mit leichter Säure bäumt sich der Apfel ein letztes Mal auf, er legt all seine Süße auf die Waagschale und kann doch nicht verleugnen, dass er nur noch die Energie einer getrockneten Apfelscheibe hat. Begleitet wird das Schlucken von einer würzigen, grasigen Herbe und einer Spur von Muskatnuss, die mit einer an Rotwein erinnernden Säure Hand in Hand gehen. So bleibt auch im Nachtrunk – Überraschung – kaum Apfel zurück, sondern die wohlige Pelzigkeit eines süßlichen Weines, der mit einem Hauch von Säure kurz die Zunge zucken lässt.

Leute, fahrt nach Ettensberg und kauft dem Klier die Bude leer. Aber erst, wenn ich da war!

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